was sich so findet… 

…wenn man aufmerksam ist. Denn viele sagen, wie sie Reden anderer empfinden und das will ich hier sammeln.

 

1. aus dem Deutschlandradio:

 

http://www.deutschlandradiokultur.de/weihnachtsgottesdienst-schwer-zu-ertragende-predigten.1005.de.html?dram:article_id=307068

 

Dieter Bub war von 1979 bis 1983 Korrespondent des Magazins "Stern" in der DDR - dann sorgte die SED für seine Ausweisung. Heute lebt er in der Uckermark.

 

 

Menschen, die das ganze Jahr über keine Kirche betreten, gehen am 24. Dezember in den Gottesdienst. Das gehört zum Fest dazu. Dass sich die Menschen in diesen Gottesdiensten unwohl fühlen, liegt aber vor allem an den Predigten, meint unser Autor Dieter Bub.

Frohe Weihnachten – das wünschen wir uns auch heute am Heiligen Abend. Ich gestehe, nicht selten empfinde ich dabei ausgerechnet in der Kirche bei der Predigt ein Unbehagen. Ich weiß aus vielen Gesprächen, mit dieser Empfindung bin ich nicht allein. Und ich frage mich, warum?

Der Besuch des Weihnachtsgottesdienstes gehört für mich zum heutigen Tag, ritualisiert wie Tannenbaum und Bescherung. Ich bin einer von den Gelegenheitskirchgängern. Weihnachten in der Kirche ist ein Muss, eine Tradition über Generationen. Es fehlt heute nicht an großer Mühe der Gestaltung mit Schmuck und musikalischer Begleitung. Dennoch bin ich unzufrieden. Ist es die Verkündigung von oben herab, erhöht von der Kanzel, im Talar, ganz in Schwarz?

Gewiss die Predigt ist zentrales Ereignis. Sie kommt hierzulande oft erdenschwer deutsch daher. An diesen Tagen können und müssen die Pastoren vor allem uns, den Treulosen in ihrer Gemeinde, alles sagen. Dabei weisen sie auf Ereignisse hin, die uns bekannt sind, auf Not, Flüchtlingselend, Armut, Ungerechtigkeit, verbunden mit Belehrungen und Ermahnungen.

Sie appellieren an unser Gewissen, bürden uns eine schwere Last auf, die wir gerade jetzt nicht wieder und wieder hören mögen. Nach lärmendem Weihnachtsrummel, nach Spendenaufrufen und Spendengalas, bei denen viele Millionen auf Sonderkonten eingegangen sind. Wir alle haben uns bemüht und engagiert, soweit das möglich war. Trotzdem wird uns die frohe Botschaft von der Geburt des Heilands, von der immer wiederkehrenden Hoffnung durch Christus, mit reichlich Bitterstoffen verkündet.

Erwarte keine Harlem-Predigt

Meine kritische Haltung beruht auf persönlichen Erfahrungen, die weit zurückreichen. Als Konfirmand erlebte ich einen Pastor, der uns in der eiskalten riesigen Pauluskirche in Halle an der Saale langweilte und dessen in Pflicht verschlissene Weihnachtspredigt wir bibbernd überstanden. Seither hat sich vieles verändert – auch zum Guten.

Erwarte ich, erwarten wir heute zu viel?

Sicher.

Dabei kämpfen die Pastoren nicht allein mit der Abwendung vieler Menschen von der Kirche. Die Konkurrenz mit den neuen Medien und die Ablenkungen sind zu groß. Sich hier zu behaupten ist schwer. Aber wie sollen wir, erschöpft vom Trubel, aufmerksam gespannt zuhören, wenn wir eine Predigt erleben müssen, die müde in antiquiertem Vokabular mit mangelhafter Rhetorik vorgetragen wird. Sie ist bemüht und erreicht uns nicht. Da stehen sie und können nicht anders?

Oh doch! Ich habe sie erlebt und ihnen mit Freude zugehört, in Muskau ebenso wie auf Föhr, in Berlin, auf dem Hülfenberg im Eichsfeld – jedes Mal ein gutes Gefühl, eine Freude. Live wie bei einem Konzert, ein unmittelbares Erlebnis, durch nichts zu ersetzen. Das waren Gottesdienste und Messen, an die man sich dankbar erinnert.

Nein, ich erwarte keine Harlem-Prediger mit ihrer Impulsivität! Aber es ließe sich von ihnen oder von den Evangelikalen in Amerika lernen, die Tausende in vollen Kirchen und Hallen mitreißen und verführen. Nein, nicht deren krude Botschaften will ich hören, aber die spannenden Geschichten aus der Bibel, mit Begeisterung vorgetragen. Kirchen sind Theater, sogar wie in Kloster Neuzelle nahe Frankfurt an der Oder im 18. Jahrhundert mit Bühnenbildern ausgestattet. Pfarrer sind Schauspieler, denen tolle Texte zur freien Improvisation zur Verfügung stehen.

Ich will ihnen gerne zuhören. Vielleicht gerade dann wenn sie sich des Talars, ihrer schwarzen Dienstkleidung entledigen und ihre Geschichten vor uns erzählen, und nicht über uns hinwegpredigen.

In diesem Sinn frohe Weihnachten.